Über dem Meer – die Kreidefelsen von Rügen
Schon Caspar David Friedrich hat nur wenige Meter entfernt von hier gestanden und den Blick von den Kreidefelsen auf Leinwand festgehalten: unweit desbekanntesten Felsen der Insel Rügen, dem Königsstuhl. Vollkommen zu Recht, wie ich finde – ein Ausblick wie er im Buche steht, romantisch, einzigartig und faszinierend zugleich. Hoch über den von grauen Steinen gesäumten Strand, der auf der einen Seite vom blaugrünen Wasser der Ostsee und auf der anderen Seite von der weißen Steilküste eingerahmt wird. Keine Spur von Hektik, die kleinen fluffigen Wolken am Himmel ziehen in derselben Gemütlichkeit vorbei wie die Fähre auf ihrem Weg von Schweden nach Sassnitz. Der Wind weht nur leise und kaum spürbar, doch die Bäume hier oben halten auch die Sonne ab und machen die Luft frisch.
Eine kleine Aussichtsplattform an der Viktoriasicht ragt ein, zwei Meter über die Kante hinweg – wer sich auf die hölzernen Planken traut sollte schwindelfrei sein: unter einem befindet sich zwar noch ein großes Stück Felsen, doch direkt daneben führen über 100 Meter in die Tiefe. Beängstigend, wenn man sich vorstellt, dass nur eine Metallkonstruktion und mehrere Zentimeter Holz einen vom Sturz in die Tiefe trennen. Wie hoch man hier wirklich über dem Strand der Ostsee steht wird deutlich, wenn man einen Blick auf die kleinen Gestalten am Ufer wirft – über eine nahegelegene Treppe mit mehreren hundert Holzstufen, die sich entlang der steilen Wände nach unten windet, erreicht man den Fuß der Steilküste. Dass der Aufenthalt hier auf eigene Gefahr geschieht wird deutlich – jederzeit können durch Regen, Wind und Erosion gelöste Teile der brüchigen Kreidefelsen herausbrechen, vor allem im Winter und Frühjahr.
Trotz der Gefahren gehört der Königsstuhl zu den beliebtesten Ausflugszielen auf der Insel Rügen und dient damit auch als eine sichere Einnahmequelle für den Tourismus. Parken muss man vor den Toren des Nationalparks Königsstuhls – zu den Klippen und dem Hochuferweg kommt man dann kostenfrei zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Als motorbetriebene (und kostenpflichtige) Alternative gibt es den Pendelbus, der das Infozentrum nach kurzer Fahrt durch das baumreiche Wäldchen erreicht. Den besten Blick auf den Königsstuhl hat man, wenn man dem Weg vom Infozentrum weg wählt und den Treppenstufen hinauf in den Wald folgt. Nach einer kurzen Wanderung erreicht man die erste Aussichtsplattform, wenig später die zweite (die bereits genannte Viktoriasicht) – beide bieten unversperrte Blicke auf den Königsstuhl, die Weite der Ostsee und vermitteln einen Eindruck, wie klein der Mensch doch im Vergleich zur Natur ist.
Hoch über den Kreidefelsen an der Viktoriasicht
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